Der vergessene Wintertraum: Das Ski-Weltcuprennen am Teufelsberg

Wenn man heute an den Teufelsberg denkt, kommen einem vor allem Kunst, Geschichte und Natur in den Sinn. Doch kaum jemand weiß, dass dieser Berliner Trümmerberg 1986 einen Schauplatz spektakulären Ski-Events war: Am 28. Dezember 1986 fand auf dem Teufelsberg nämlich ein Ski-Weltcuprennen statt – mitten in der geteilten Stadt. Ein Wintermärchen, das von Improvisation, Pannen und echtem Berliner Erfindergeist erzählt.

Ski-Fieber in Berlin

Der Teufelsberg, der mit seinen 120,1 Metern über Jahre hinweg als Berlins höchster Punkt galt, war in den 1960er Jahren ein kleines Wintersportparadies. Mit Flutlichtmasten, Schneekanonen und einem Schlepplift zog er Ski-Begeisterte aus der ganzen Stadt auf den Trümmerberg. Skikurse standen auf dem Programm, und die Berliner*innen genossen es, ein Stück Alpen-Feeling in ihrer Stadt zu erleben.

Doch der Höhepunkt kam 1986: das erste und einzige Ski-Weltcuprennen Berlins. Die Strecke war 400 Meter lang, mit einem Höhenunterschied von 82 Metern – für Berliner Verhältnisse ein kleines Wunderwerk. Auch wenn es nicht offiziell Teil des Weltcups war, traten internationale Top-Athleten im Parallel-Slalom gegeneinander an. Unter den 21 Teilnehmern befanden sich Stars wie Markus Wasmeier, Ingemar Stenmark und Bojan Krizaj.

Regen, Brezelsalz und schmelzender Schnee

Die Vorbereitung war eine logistische Meisterleistung: Zwei Schneekanonen brachten 20 Zentimeter Kunstschnee auf die Strecke, betreut von einem österreichischen Experten. Doch das Wetter machte den Veranstaltern am Wettkampftag einen Strich durch die Rechnung. Vier Grad plus und Regen ließen die Piste zu einem matschigen Albtraum werden. Die Rettung kam in Form von Brezelsalz, das den Kunstschnee stabilisierte – Berliner Erfindergeist in Bestform! Trotz der widrigen Bedingungen fieberten bis zu 14.800 Zuschauende begeistert mit. Die Anzahl hat die Veranstalter allerdings enttäuscht, denn sie hatten mit der doppelten Menge gerechnet.

Ärger mit den Amerikanern

Unweit der Strecke befand sich die Abhörstation der US-Amerikaner, die das Ski-Event nicht besonders begrüßten. Angeblich verlangte ein Offizier während der Fernsehübertragung, die Kameras so auszurichten, dass die Gebäude der Station nicht im Bild zu sehen waren – unter Androhung, das TV-Signal abzuschalten. Es blieb beim Streit, und die Deutschen konnten gemütlich von ihren Sofas aus verfolgen, wie der Österreicher Leonhard Stock, Olympiasieger von 1980, den Sieg errang. Eine Anekdote am Rande: Stock ist nach diesem Triumph nie wieder nach Berlin zurückgekehrt.

Ein einmaliges Kapitel Berliner Geschichte

Das Ski-Weltcuprennen am Teufelsberg bleibt bis heute ein faszinierendes und kurioses Kapitel der Berliner Geschichte. Es zeigt den Ideenreichtum und die Experimentierfreude einer Stadt, die immer wieder beweist, dass hier selbst das Unmögliche möglich ist. Ein Wintermärchen, das zeigt, in Berlin alles möglich ist – sogar Skisport auf einem Trümmerberg. Doch eine Frage bleibt noch: Warum hat Berlin seitdem kein solches Spektakel mehr gewagt?

Frohe Weihnachten und viel Freude beim Entdecken neuer Geschichten über den Teufelsberg!

 

Quelle: Behnisch I. (2023). Als die Ski-Weltelite auf den Teufelsberg kam. rbb24. Abgerufen von https://www.rbb24.de

About Zsofia Gere

Zsofia kommt aus Ungarn und liebt es, in der Küche zu experimentieren, auch wenn sie oft die guten alten ungarischen Geschmacksrichtungen vermisst. Sie erkundet gerne Berlin und bleibt dabei aktiv. Im Sommer genießt sie einen Campari Spritz am Meer, während sie im Winter gerne auf den Pisten snowboardet. An faulen Tagen schaut sie sich am liebsten immer wieder „The Office“ an.